Wie Eulenspiegel sich einem Kaufmann verdingte und wie er sich ganz schalkhaft benahm

(Nach dem Volksbuch vom Till Eulenspiegel)

Auf dem Heumarkt in Hildesheim wohnte ein reicher, gutmütiger Kaufmann, der ging gerade vor dem Tor spazieren. Da fand er Eulenspiegel faul im Grase liegen und redete ihn an: „Was bist du für ein seltsamer Vogel, liegst am lichten Tag auf der faulen Haut und lässt den Herrgott einen guten Mann sein.“ Eulenspiegel richtete sich auf, blinzelte den Kaufmann an und bekam Lust, dem Mann eine Schalkheit anzutun. „Ich bin Koch, Stubenheizer und Fuhrknecht in einem und habe gerade keinen Dienst“, sprach er. Der Kaufmann sagte: „Wenn du ein braver Bursche bist, könnte ich dich wohl gebrauchen. Du bekommst neue Kleider und einen guten Lohn. Auch an einer Stube fehlt es nicht.“ Also ging Eulenspiegel mit dem Kaufmann in die Stadt. Unterwegs fragte ihn der Herr, wie er heiße. „Ich heiße Bar-tho-lo-mä-us“, sprach Eulenspiegel. Der Kaufmann darauf: „Das ist ein langer Name, das geht zu lang hin, ehe man dich zur Hand hat. Du sollst Doll heißen.“ – „Ist mir auch recht, lieber Herr“, erwiderte Eulenspiegel.

Am Abend sagte der Kaufmann zu Eulenspiegel: "Doll, richte den Wagen zu und schmiere ihn gut, wir wollen morgen in aller Früh nach Goslar fahren. Der Pfarrer fährt auch mit.“ – „Recht, guter Herr“, sprach Eulenspiegel, „aber was für Schmiersalbe soll ich nehmen?“ – „Geh zum Wagner und kaufe Karrenfett, gleich einen Eimer voll, der reicht das ganze Jahr.“ Mit diesen Worten gab ihm der Kaufmann etliche Schilling und ging bald darauf schlafen. Eulenspiegel holte den Eimer Fett und machte sich im Schuppen über den Wagen her. Zuerst schmierte er die Räder tüchtig, dann die Deichsel, dann den Wagen außen und innen, die Wände, den Boden und besonders die Sitze. Als er die Arbeit beendet hatte, war der Eimer leer. „Besser einmal tüchtig gearbeitet, als aufs ganze Jahr verteilt“, sprach er zu sich selber und ging auch ins Bett.

Am frühen Morgen, als es noch dunkel war, musste Eulenspiegel die Pferde anspannen, und der Kaufmann und der Pfarrer stiegen ein, während Eulenspiegel auf dem Kutschbock saß. Nach einer kurzen Weile begann der Pfarrer zu schimpfen: „Den Henker auch, ich rutsche im Wagen hin und her, dass mir schwindlig wird, und wenn ich mich wo festhalte, beschmiere ich mir die Hände.“ Dem Kaufmann ging es ebenso, er wurde wütend und ließ Eulenspiegel halten. „Was hast du mit dem Wagen angestellt?“ riet er zornig.

„Herr“, sprach Eulenspiegel, „ich habe ihn überall gut geschmiert, wie Ihr es verlangtet. Wer gut schmiert, der gut fährt, das hat mir einmal ein Kaufmann gesagt.“

Indessen kam ein Bauer mit einer Fuhre Stroh daher, dem kauften sie etliche Büschel ab und wischten den Wagen damit sauber. Dann stiegen sie ein, und der Kaufmann rief voll Galle: „Du gottverlassener Schalk, fahr zum Galgen!“ Das tat Eulenspiegel. Unter dem nächsten Galgen hielt er die Pferde an und spannte sie aus. Da sprach der Kaufmann, der sich gerade mit dem Pfarrer unterhalten hatte und nicht Acht gab, wo er war. „Was ist jetzt wieder los, du Narr? Warum stehen wir hier auf freiem Feld?“ – „Herr“, entgegnete Eulenspiegel, „ihr hießet mich unter den Galgen fahren, da sind wir. Ich dachte, Ihr wolltet hier rasten.“ Nun sah der Kaufmann aus dem Wagen und erblickte den Galgen über sich mit einem Strick daran. Da mussten er und der Pfarrer über den Schalk lachen.